Glückliche Paare können verzeihen. Warum ist es in einer Partnerschaft so wichtig, verzeihen zu können? Verzeihen zu können ist vor allem sehr heilsam für uns selbst. Warum ist es so wichtig, dem Partner vergeben zu können?
Bei einem Paar, das zu uns ins Coaching kam, hat sich die Frau beschwert, dass der Mann sich einfach nicht entschuldigt.
Er sagte, das habe er längst getan, sogar schon mehrmals. Seine Frau erwiderte, dass er das nicht getan hätte.
Was ist passiert?
Im weiteren Verlauf des Coachings haben die beiden erkannt, dass sie unterschiedliche Vorstellungen davon hatten, was es heißt um Verzeihung zu bitten.
Was bedeutet Verzeihen, sich Entschuldigen und Vergebung?
Oft werden diese Worte Vergebung, Verzeihen und sich entschuldigen bedeutungsgleich verwendet. Verzeihen wird öfters verwendet, da Vergebung meist in einem christlich-theologischen Kontext verwendet wird.
Vergebung
Vergebung ist eine Bewältigungsstrategie, um ein tatsächliches oder angenommenes Fehlverhalten anderer mental akzeptieren zu können, ohne irgendeine Reaktion des anderen (etwa ein Schuldeingeständnis, Reue, Entschuldigung) zu erwarten oder Gerechtigkeit (Vergeltung, Strafverfolgung) zu fordern. (Wikipedia)
Vergebung (Psychologie) ist der Verzicht einer Person, die sich als Opfer empfindet, auf den Schuldvorwurf. Dieser primär innerseelische Vorgang kann unabhängig von Einsicht und Reue des Täters vollzogen werden. Vergebung ist eine Copingstrategie, mit der eine Person in Opferposition die belastenden Folgen einer äußeren oder inneren Verletzung bewältigen kann. Vergebung wird als psychischer Prozess aufgefasst, der psychologisch erforscht werden kann. (Wikipedia)
Verzeihen
Woher stammt das Wort verzeihen?
Herkunft: Ableitung vom Verb zeihen mit dem Derivatem (Ableitungsmorphem) ver-, das ausdrückt, dass etwas entfernt, weggenommen wird. Synonyme: amnestieren, begnadigen, entschuldigen, exkulpieren, freisprechen, lossprechen, Nachsicht haben, Nachsicht zeigen, vergeben, Verzeihung gewähren.
Sich entschuldigen – um Entschuldigung bitten
Eine Entschuldigung oder Verzeihung ist im Wortsinne eine Ent-Schuld-igung, die zu den Umgangsformen gehört. Mit der Bitte um Entschuldigung gesteht jemand ein, dass eine Handlung, Duldung oder Unterlassung von ihm ein Fehler war. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist eine Entschuldigung allerdings eine Bitte. (Wikipedia)
Wie du siehst, ist es gar nicht so einfach, diese drei Worte ganz klar zu differenzieren. Denn wie gesagt, werden alle drei Begriffe oft bedeutungsgleich verwendet. Vor allem mit Verzeihen und Vergeben meinen die meisten Menschen das gleiche.
Vergebung kann gestörte Beziehungen wieder herstellen und zum Erhalt der gegenseitigen Liebe beitragen.
Vergebung kann ein Weg zur Konfliktlösung sein. Jedoch kann ein Um-Vergebung-Bitten ein langwieriger und teilweise auch schmerzhafter Prozess sein.
Gelingt es zu vergeben, kann es für beide Partner erlösend und heilend wirken.
Wenn wir nicht verzeihen können
Wenn wir nicht verzeihen oder vergeben und unserem Partner die Schuld geben, beschäftigen wir uns ständig damit was unser Partner uns angetan hat.
Dies bringt uns aus dem inneren Gleichgewicht und kann bewirken, dass wir uns erschöpft und angespannt fühlen. Und das kann zu Schlafstörungen und Verbitterung führen.
Wer nicht verzeihen kann ist oft wütend und enttäuscht und möchte sich für diese Verletzung rächen.
Verzeihen ist ein großer Akt der Liebe!
Das heißt also, dass wir uns und unserer Gesundheit etwas Gutes tun, wenn wir verzeihen können.
Außerdem profitiert unsere Partnerschaft davon, wenn wir unseren Partner nicht ständig mit Vorwürfen bombardieren und bei jedem Streit alle nicht-verziehenen Vergehen wieder auf den Tisch bringen.
Menschen, die sich selbst und anderen schneller vergeben, haben weniger Stress im Leben. Weniger Stress im Leben, bedeutet auch weniger Stress in der Beziehung.
Somit profitieren beide Partner, wenn einer verzeiht.
Um Entschuldigung bitten
Wenn wir um Entschuldigung bitten, haben wir einen Fehler eingesehen. Unser Partner kann die Bitte um Entschuldigung annehmen oder auch ablehnen.
Wenn unser Partner die Entschuldigung annimmt, rechnet er uns keine Schuld mehr an und erwartet keine Wiedergutmachung.
Im Alltag verwenden wir das Wort „Entschuldigung“ allerdings oft als Höflichkeit und teilweise oberflächlich.
Wenn eine Entschuldigung nicht ernst gemeint ist und von Herzen kommt, verfehlt sie ihre Wirkung.
„Wie oft soll ich denn noch sagen, dass es mir leidtut?“
Warum soll ich mich überhaupt entschuldigen?
Für jeden Menschen ist etwas anderes richtig oder falsch. Jeder hat eine andere Sicht auf die Dinge. Und was für den einen kein Problem darstellt, ist für den anderen fast ein Weltuntergang.
Wir können nicht für alles und in jeder Situation wissen wie unser Partner „tickt“. Aus diesem Grund kommt es immer mal wieder zu Situationen, wo der eine den anderen verletzt, und zwar meist unbewusst und ungewollt.
Jeder kommt aus einer anderen Herkunftsfamilie, hat eine andere Vergangenheit und andere Vorerfahrungen in Partnerschaften. Was in der einen Familie und Partnerschaft ok und normal war, ist in der anderen eventuell ein „no go“.
In Marens Herkunftsfamilie war es allen wichtig, mindestens eine Mahlzeit am Tag gemeinsam einzunehmen. Das war der Treffpunkt der Familie, jeder konnte erzählen, wie es ihm geht und wie der Tag war.
Als Maren mit Peter zusammengezogen ist, war sie enttäuscht, dass Peter jedes Mal schon gegessen hatte, wenn sie nach Hause kam. Noch nicht einmal den Tisch hatte er für sie gedeckt gelassen. Maren war verletzt, da sie das Gefühl hatte, Peter würde sie nicht wertschätzen.
Peter dagegen dachte sich nichts dabei, einfach zu essen und nicht auf Maren zu warten. Er kannte das aus seiner Herkunftsfamilie nicht anders. Bei jeder Gelegenheit machte Maren Peter den Vorwurf, dass er egoistisch sei und nur an sich denke.
Als beide dann bei einem Coaching bei uns rausgefunden haben um was es wirklich geht konnte Peter konnte sich aufrichtig entschuldigen und Maren hat ihm verziehen.
Vor- und Nachteile des Verzeihens
Vorteile
- Die Zufriedenheit in der Beziehung steigt, da du wieder positive Gedanken und Gefühle zulassen kannst.
- Deine mentale und körperliche Gesundheit verbessert sich.
- Du übernimmst Verantwortung für dein eigenes Verhalten.
- Du ermöglichst eine konstruktive Auseinandersetzung mit deinem Partner.
Nachteile:
- Du musst deine Opferrolle aufgeben.
- Du kannst Verletzungen beim nächsten Streit nicht mehr als Vorwurf nutzen.
- Du musst dir eigene Fehler eingestehen und nicht nur die Schuld bei deinem Partner suchen.
- Du hast keine Macht mehr über deinen Partner („Weil du das getan hast, musst du…“).
Formen des Verzeihens
Es kommt häufig vor, dass ein Partner sagt, er hätte sich doch schon zig Mal entschuldigt, dies beim anderen Partner jedoch nicht ankommt. Woran liegt das?
Gary Chapman hat herausgefunden, dass es „fünf Sprachen des Verzeihens“ gibt.
Sprichst du nun eine andere „Sprache“ als dein Partner, kann es sein, dass deine Bitte um Entschuldigung beim anderen nicht ankommt.
Muss ich jetzt alles verzeihen?
Nein, wir müssen nie verzeihen. Ob ich meinem Partner vergebe, ist meine Entscheidung.
Und es gibt auch Dinge, die können wir einfach nicht vergeben. Körperliche Gewalt ist beispielsweise was die meisten nicht vergeben können.
Auch wenn der Partner aus tiefstem Herzen um Verzeihung bittet und dies auch ernst meint, kommt es häufig vor, dass er wieder gewalttätig wird. In diesem Fall ist es besser, nicht zu verzeihen.
Hier ist oft eine Lösung, dass der Partner sich in Therapie begibt oder die Beziehung beendet wird.
Was kannst du auf keinen Fall verzeihen?
Wenn du jedoch die Entscheidung triffst, zu vergeben, dann gibt es Tipps wie du das am besten umsetzen kannst.
Vergebung sollte echt sein. Vergebung bedeutet nicht, dass ich gutheiße, was der andere getan hat.
Was ist echte Vergebung?
Echte Vergebung bedeutet, dass die verletzte Person auf Schuldvorwürfe und eine Wiedergutmachung verzichtet. Wenn ich dem anderen nur rein äußerlich vergebe und ihm das mitteile und ihn gleichzeitig innerlich weiter beschuldige, ist das keine echte Vergebung.
Oder wenn ich dem anderen ständig vorhalte, dass ich ihm doch verziehen habe und mein Partner mir zeitlebens dafür dankbar sein muss, ist dies auch keine echte Vergebung.
Verzeihen bedeutet nicht, dass ich die erlittene Verletzung relativiere und mir schönrede „Ach, das war ja nicht so schlimm.“
Eine Verletzung als Nichtigkeit abzutun ist keine Vergebung.
Vergebung ist ein Prozess, der meine innere Haltung verändert und der meine Gefühle gegenüber dem anderen verändert.
Fazit
Vergebung ist keine Schwäche, kein Kleinbeigeben und auch kein Bagatellisieren. Vergeben bedeutet nicht, dass ich vergessen muss, was geschehen ist.
Vergeben ist eine emotionale Umwandlung der Erinnerung. Das heißt, dass die negativen Gefühle weniger werden. Vergessen kann auch zur Verdrängung führen.
Verzeihen können zeugt von Stärke und es ist heilsam für dich selbst und für deine Beziehung. Eine wichtige Voraussetzung, Verzeihen bzw. Vergeben zu können ist eine gesunde Selbstliebe.
Du steckst in deiner Beziehung in einer Sackgasse? Ihr sprecht verschiedene Sprachen des Verzeihens? Es gibt so viele Verletzungen, für die eine Versöhnung noch aussteht und ihr schafft es allein nicht?
Dann melde dich/meldet euch gerne für ein kostenloses Erstgespräch. Wir unterstützen euch gerne!
Entweder online oder bei uns vor Ort in Schwäbisch Hall.